Station 5
Schlossteich
Von Karpfen auf Salatbeeten: Achim von Arnim als Landwirt
Im November 1825 schreibt Achim an Bettine, die sich in Berlin aufhält: „Ich fand den Teich fast beendigt und sah ihn in den nächsten Tagen ganz fertig schon mit dem hellen Wasserspiegel glänzen.“ Und im folgenden Frühjahr heißt es: „Meine Teiche habe ich mit einer Tonne kleiner Schleie und Karauschen besetzt, in diesen Tagen kommen auch die Karpfen an.“
Der Dichter Achim von Arnim ist ein respektabler Landwirt – und offenbar nicht nur aus Verlegenheit, weil ihm Staatsämter in Berlin verschlossen bleiben. Was er in Wiepersdorf betreibt, geht weit über die Selbstversorgung hinaus. Regelmäßig schickt er große Mengen verschiedenster Lebensmittel an Bettine und die Kinder nach Berlin: Eier und Brot, Roggen- und Weizenmehl, aber auch Schweinefleisch, geräucherte Gänsebrüste oder ein „geschossenes Reh“. Gelegentlich kann Bettine ihrem Schwager Carl von Savigny sogar ein „halbes Kalb“ überlassen. Arnim schickt größere Posten Butter, die seine permanent von Geldsorgen geplagte Frau in Berlin verkauft. Regelrechte Bestellungen gibt sie auf: Gern hätte sie eingemachte Bohnen, Rote Rüben, Pfeffer- und Salzgurken, „letztere ohne Dill und Lorbeer“. Dann heißt es: „Bring Hirse, Bohnen und Backobst mit“, gern gesehen sei „frischgeschlachtetes Federvieh“ oder „lieber gar ein paar Schnepfen“. Arnim pflanzt Pflaumen- und Kirschbäume, legt Erdbeerbeete an, vergrößert zur Ertragssteigerung den Wirtschaftshof mit Stallungen und verlegt ihn an die Südseite des Gutshauses. Der Teich – mit seinen Karpfen und anderen Fischen – erweitert den Speiseplan. Und zwar in Wiepersdorf und Berlin. Achim von Arnim, der vor seinem Dichterdasein bereits Veröffentlichungen zur Physik vorzuweisen hatte, publiziert nun auch zu landwirtschaftlichen Fragen wie dem Getreidehandel oder dem Seidenanbau.
An den Teich knüpfen sich zudem Anekdoten. Mal sucht Arnim seinen Sohn Friedmund, der mit seinen Brüdern den Sommer auf dem Land verbringt. „Stattdessen finde ich am Gartenteich ein Kinderhemde und eine Kinderhose, er aber ist nirgends zu errufen. Ich denke, er ist ertrunken und will eben im Teich mit Stangen suchen […]“ – da erkennt sein anderer Sohn Siegmund Hemd und Hose als die seinen. Friedmund aber tritt derweil die Orgelbälge auf dem Kirchenboden. Ein anderes Mal überflutet ein Gewitter mit starken Regengüssen die umliegenden Wiesen und Arnim vermeldet, fast vergnügt: „Auf meinen Salatbeeten fing ich einen Karpfen und andre Fische. Lebe wohl und sei herzlich begrüßt und geküßt mit den Kindern. Achim Arnim“.
Die Landwirtschaft, die Arnim wesentlich ausbaut, bleibt für das Gut bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs von überragender Bedeutung. Noch im Sommer 1945 versorgt die Wiepersdorfer Ernte Soldaten der Roten Armee und Flüchtlinge. Erst mit der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone wird die Familie Friedmund von Arnims, die letzten Besitzer von Wiepersdorf, bis 1946 enteignet: Mehr als 500 Hektar Acker, Wiesen, Weiden und Wald werden an landarme Bauern und Flüchtlingsfamilien verteilt. Über diese Zeit des Kriegsendes kursieren verschiedene Geschichten. Der adelige Buchhalter des Hauses etwa, ein Herr von Wenckstern, sei von Soldaten der Roten Armee an einem Baum im Schlosspark erschossen worden.
Heute existiert dieser Baum nicht mehr. Auch der Teich sieht nicht mehr genauso aus wie damals, als Achim von Arnim Bettine mit Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch versorgte. Eine malerische kleine Brücke und ein Steg – all das geht auf die Umgestaltungen zurück, die der Dichter-Enkel Achim von Arnim-Bärwalde vornehmen ließ und die das Anwesen heute prägen. Ganz wie das Atelier, die Orangerie oder auch der Park, die nächste Station, die sich an dem Ende des Gartenovals befindet, das dem Schloss gegenüberliegt.