Station 4
Schloss
Schloss Wiepersdorf innen und außen: Die Baugeschichte
Das Schloss, das sich nun mit seiner gesamten dem Park zugewandten Fassade vor Ihnen erstreckt, ist das Gebäude, dessen zumindest äußere Gliederung Achim von Arnim-Bärwalde hinterlassen hat.
Dass das Schloss heute so hell erstrahlt, verdankt es nach zahlreichen Sanierungsarbeiten unter anderem einer Erneuerung des Dachs und des Anstrichs, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in den Jahren 2018 und 2019 vorgenommen wurden. Zunächst hatte Achim von Arnim-Bärwalde 1878 das Atelier anbauen lassen, das sich mit seinen drei nebeneinander liegenden hohen Fenstern links ans Schloss anschließt. Später stattete er das Haupthaus des Schlosses mit einem Mittelrisalit aus, also einem die Fassade gliedernden Vorsprung in Gestalt eines Balkons, der von vier Säulen getragen wird. Vor allem aber ließ er fast vor der gesamten Front des Gebäudes eine Terrasse anlegen, in deren Mitte eine acht Meter breite Freitreppe in den Park führt. Hier befand sich seinerzeit der Haupteingang, an dem die Kutsche vorfuhr. Auch das heutige Aussehen des Parks mit seinen Skulpturen und die Orangerie, die den Park im Süden begrenzt, sind sein Werk.
Zu den repräsentativen Räumen des Schlosses gehören der Gartensaal, in den man über die zentrale Freitreppe gelangt, und das darüber liegende sogenannte Balkon- oder Bettine-Zimmer. Liebhaber historischer Architektur allerdings seien gewarnt: Von einem Barockschloss zeugt seit langem nur noch die äußere Hülle. Das Innenleben wurde mehrfach umgestaltet. Nach Plünderungen am Ende des Zweiten Weltkriegs erfolgten erste bauliche Veränderungen zu Beginn der 1950er Jahre, als die Versorgung mit Strom und Wasser verbessert wurde. Doch noch 1956 schrieben Wiepersdorfer Gäste an den damaligen Minister für Kultur, den Dichter Johannes R. Becher:
„Der bauliche Zustand dieser historischen, unter Denkmalschutz stehenden Stätte ist im höchsten Maße beschämend für das kulturelle Gewissen der Nation; er muß durch Sofortmaßnahmen geändert werden. […] In dem großen Raum im ersten Stock tropft es durch die Decke, in die Orangerie regnet es sogar hinein: Es fehlt an Dachpappe und Geld für das Aufbringen der Dachpappe. Das Atelier, dessen Benutzung manchen Künstler glücklich machen könnte, dient als Abstellraum. Die Statuen sind seit etwa zwölf Jahren dem Frost ausgesetzt. Bubenhände haben der Pallas Athene den Kopf abgeschlagen, wollen wir warten, bis der Frost im nächsten Winter das gleiche tut bei Leda mit dem Schwan?“
Wenige Jahre später, also noch Ende der Fünfziger, wurde dem desaströsen Zustand wenigstens notdürftig abgeholfen. Zumindest die sanitären Anlagen wurden erweitert und modernisiert.
Abgesehen von kaum noch nachvollziehbaren Ver- und Ankäufen von Mobiliar in den Jahren der DDR stellte die Sanierung, die von 1974 bis 1980 stattfand, den schwerwiegendsten Eingriff dar: Das Gebäude wurde bis auf die tragenden Wände entkernt, die Innengestaltung an zeitgemäße Bedürfnisse angepasst. Ein sozialistisches Künstlerhaus sollte sehr viel mehr Zimmer haben und die Übernachtungskapazitäten erhöhen. Es brauchte, dem Selbstverständnis des Staates gemäß, moderne und funktionale Einrichtungsgegenstände. Doch nicht nur das Hauptgebäude, auch der Wirtschaftshof und die Orangerie wurden in diesen langen Jahren der Rekonstruktion radikal den kulturpolitischen Anforderungen an ein Künstlerhaus angepasst. Zugleich hatten die Umbauarbeiten und die von der Staatssicherheit mit Argusaugen beobachtete Wiedereröffnung im Jahr 1980 Wiepersdorf näher an Berlin und damit an die politische Macht gerückt.
Fest steht: Bei der Wiedereröffnung im Jahr 1980 war das Anwesen von Schloss Wiepersdorf etwas Neues geworden. Ursprüngliches ging dabei jedoch nicht verloren, denn Sessel, in denen Bettine gesessen, Schreibpulte, an denen Achim gestanden hätte – die gab es in Wiepersdorf schon lange nicht mehr. Das Mobiliar bestand längst aus einer Ansammlung von Ankäufen und Nachbauten aus über einem Jahrhundert. Auch die Tierhaltung, die Achim von Arnim in Wiepersdorf betrieben hatte, gehörte der Vergangenheit an. Zeuge der landwirtschaftlichen Produktion ist jedoch der Teich, der neben dem Park am nördlichen Rand des Geländes liegt. Die Station, die sich dem Schlossteich widmet, befindet sich gleich an der niedrigen Steinbank.