Kosmos Wiepersdorf

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Petra Hübinger: Der Garten von Schloss Wiepersdorf

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Petra Hübinger: Der Garten von Schloss Wiepersdorf

Der Garten von Schloss Wiepersdorf in seiner heutigen Struktur wurde vom Maler Achim von Arnim, einem Enkel des Dichterpaares Achim und Bettina von Arnim, angelegt. Aus der für die Mark Brandenburg typischen Gutsanlage mit Wirtschaftshof, bescheidenem Herrenhaus und einfachem ländlichen Ziergarten formte er ein Gesamtkunstwerk. Das Herrenhaus wurde durch Um- und Anbauten zum Schloss nobilitiert.

Der Umgestaltung des Gartens galt jedoch das besondere Interesse des Malers: Hochbarocken Vorbildern folgend legte er ein vertieftes Parterre in Form eines ‚Boulingrin‘ an, ließ eine Orangerie errichten sowie Treppen und Balustraden einbauen, erwarb eine Fülle italienischer Skulpturen aus dem 18. Jahrhundert und bevölkerte so den ehemals kargen märkischen Gutsgarten mit griechischen und römischen Göttern, Faunen, Nymphen und auch skurrilen Gnomen. Die Strenge des barocken Vorbildes wurde durch malerische Elemente gemildert.

Der Maler Achim von Arnim-Bärwalde war in Frankfurt a. M. mit Unterstützung des dortigen Teils der Familie zur höheren Schule gegangen, hatte in Berlin Jura bis zum ersten Staatsexamen und in München Malerei studiert. Er hatte also mehrere Jahre in Großstädten gelebt – auch außerhalb des preußischen Kernlandes – die jeweils eigene kulturelle und gesellschaftliche Zentren bildeten. Dennoch blieb er Wiepersdorf immer verbunden.

1876, nach dem Tod seiner Stiefmutter, die ihm ein erhebliches materielles Erbe hinterließ, übernahm er die Wiepersdorfer Gutsanlage. Bereits für das darauffolgende Jahr sind erste Arbeiten zur Vorbereitung einer Erneuerung der Gartenanlage überliefert.

Jedoch erst ab 1884 erhielt die Gesamtanlage ihre bis heute überlieferte Gestalt: Die Gartenfront des Herrenhauses erhielt einen übergiebelten Mittelrisaliten mit Balkon und Veranda sowie eine Terrasse, die sich nahezu über die gesamte Breite des Gebäudes erstreckt. Von deren halbrunder mittiger Aufweitung führt eine breite Treppenanlage hinab in das vertiefte Gartenparterre. An den Außenseiten leitet jeweils eine kleinere Treppe in den Garten.

Damit ist die zentrale Raumachse der Gesamtanlage eröffnet: das strukturprägende Motiv des Barockgartens. Den Auftakt bildet der Gartensaal des Schlosses. Von hier aus und vom Balkonzimmer im Obergeschoss erstreckt sich die Mittelachse über Terrasse, Parterre und alle Geländesprünge hinweg durch die anschließende Lindenallee bis zum Zeusrondell. Dahinter beginnt der Wald. Die symmetrische Grundstruktur, alle Gestaltungsformen, das gesamte Dekorationsprogramm sind an dieser Raumachse orientiert und ihr untergeordnet.

Achims Planungen für den Garten sind in zahlreichen Skizzen aus den 1880er Jahren überliefert. Zunächst entwickelte er die Grundform des Parterres. Die Treppen waren von Anfang an geplant und verstärken die Raumwirkung. Auf der gegenüberliegenden Seite des Schlosses entstand eine halbrunde Aufweitung des Parterres, überleitend zur Lindenallee und den seitlichen offenen Wiesenflächen. Zugleich vermittelt das Halbrund mit den Figuren der vier Jahreszeiten, heute ‚Jahreszeitenrondell‘ genannt, die hier querende Wegeachse.

Auf seiner südlichen Längsseite erhielt das Parterre mit der Orangerie eine starke Kulisse. Als Pendant wurde gegenüberliegend eine Balustrade als Abgrenzung zum Teich gebaut. So entstand ein spiegelsymmetrischer Gartenraum, belebt durch blühende Pflanzungen, mediterrane Kübelpflanzen, Schmuckvasen auf Postamenten sowie antikem Götterpersonal. Vasen und Götter hatte sich Achim auf mehreren Italien-Reisen selbst ausgesucht. Allein „zehn Statuen und vier sehr schöne Vasen“ kaufte er in Venedig.

Mit dem barocken Vorbild hatte Achim sich für einen hochartifiziellen Garten mit axialer Raumfolge, symmetrischen Grundformen und aufwendiger Ausstattung entschieden. Zugleich milderten malerische, vermeintlich natürliche Elemente die formale Strenge ab: unregelmäßig stehende freiwachsende Altbäume, anschließende offene Wiesen, der baumgesäumte Teich, der nahe Wald.

Der Maler Achim von Arnim-Bärwalde schuf so sein ganz persönliches Arkadien, das vor allem ein Künstlergarten war und ist. Er konzipierte die Raumabfolge, gestaltete Beetformen und Wegeverläufe, arbeitete akribisch alle Werksteindetails aus. Er malte und zeichnete Gartenszenen des angestrebten oder erreichten Idealzustandes. Zahlreiche Skizzen und Bilder zeugen davon.

Die Vollendung seines Gesamtkunstwerkes erlebte er jedoch nicht mehr. Erst nach seinem Tod 1891 wurden nach seinen Entwürfen die Balustraden errichtet. Von Besuchern wurde der Garten wenige Jahre nach Achims Tod als „zauberhaft“ beschrieben, „angelegt mit dem Sinn für Schönheit und Freiheit“ … „eine Welt von Künstlerhand geschaffen“. Über sein Vermächtnis war sich Achim sehr wohl bewusst. In seinem Testament verfügte er, dass „die neu angelegten Gärten und Alleen in ihrem gegenwärtigen Umfange“ zu erhalten seien und nicht „in Ackerland oder Wald umgewandelt werden“. Wir sind heute dankbar dafür.

Petra Hübinger: Studium der Landschaftsplanum an der TU Berlin. Ab 1993 gemeinsam mit Dr. Joachim Jacobs Gesellschafterin von Dr. Jacobs & Hübinger, Büro für Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur. Erstellung zahlreicher Gutachten und Konzepte zur Instandsetzung, Restaurierung sowie Revitalisierung denkmalgeschützter Außenräume. Planung von und Bauleitung bei der Wiederherstellung historischer Parks und Gärten, Stadtplätze, Friedhöfe, Wohnanlagen sowie anderer öffentlicher und privater Anlagen, überwiegend in Berlin und Brandenburg. Seit 2021: Büro Hübinger, Gartendenkmalpflege und Landschaftsarchitektur.