Station 9
Orangerie
Nähe und Distanz: Dorf und Schloss
Die Orangerie, die die Parkanlage im Süden begrenzt, wurde – wiederum von Achim von Arnim-Bärwalde – 1888/89 als „großes Gewächshaus“ angelegt. Orangerien waren „Gärten für Zitrusfrüchte“, die als exotische Importe der Repräsentation dienten. Zugleich war und ist die Wiepersdorfer Orangerie Unterbringungsort für die Pflanzen und Bäume des Schlossparks, die nicht winterfest sind. Heute beherbergt die Orangerie außerdem ein Café, das an den Sonntagnachmittagen in der Sommersaison – wenn die Pflanzen im Park stehen – geöffnet ist. Diese gastronomische Einrichtung ist nicht zuletzt wichtig für das Verhältnis zwischen dem Dorf und dem Schloss, einem der wenigen Arbeitgeber vor Ort.
Die Beziehung Dorf – Schloss war oft von Distanz geprägt. Erst stand den Bewohnern von Wiepersdorf in Gestalt des Schlosses die Gutsherrschaft gegenüber. Dann waren es die Funktionäre, die Künstlerinnen und Künstler, die man – zu Recht oder zu Unrecht – als privilegiert und regierungskonform ansah, also mit der politischen Macht in der DDR in Verbindung brachte. Diese Distanz, darüber berichten Künstlerinnen und Künstler, die in den Jahren der DDR in Wiepersdorf arbeiteten, überbrückte die Dorfgaststätte „Alte Schmiede“. Sie wurde bis nach der Wiedervereinigung von der Familie Donath betrieben. Maßgeblich beteiligt war daran die im Frühjahr 2021 verstorbene Elfriede Donath, die jahrzehntelang auf Schloss Wiepersdorf als Wirtschaftsleiterin gearbeitet hatte. Hier, in der „Kneipe“, sagt die Schriftstellerin Christa Kozik, sei man „näher dran“ gewesen. Dieses Näher-dran-Sein, die Verbindung zwischen Schloss und Dorf, soll sich heute auch durch die öffentlichen Veranstaltungen und im Café der Orangerie verwirklichen.
Doch für die Zeit der DDR gilt: Nicht jede und jeder konnte nach Wiepersdorf kommen – und nicht jede und jeder wollte es. Über die Widersprüche des sozialistischen Wiepersdorf erfahren Sie mehr an der zehnten und letzten Station am Parkausgang.