Kosmos Wiepersdorf

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Station 3: Maleratelier
© Dirk Bleicker

Station 3
Maleratelier

Vom Gutshaus zum Schloss: Der Maler Achim von Arnim-Bärwalde

Schräg links vor Ihnen befindet sich ein etwa fünf mal acht Meter messender Anbau des Schlosses mit einem großen Fenster, das zu Ihnen weist. Vor dem Fenster sind im Halbkreis fünf kleine Skulpturen, Callot-Figuren, angeordnet – doch dazu gleich mehr. Dieser nach Norden ausgerichtete Schlossflügel besitzt im Unterschied zum zweigeschossigen Hauptgebäude nur ein Stockwerk. Mit seinen weiß verputzten Wänden und dem roten Mansarddach nimmt er aber die Gestaltung des Hauptgebäudes auf. Da sich auf der anderen Schlossseite, also nach Süden hin, ein ähnlicher Anbau erstreckt, ergibt sich ein symmetrisches Bild.

Diesen Eindruck eines harmonischen Ensembles zu erwecken, war durchaus die Absicht des Auftraggebers für den Anbau: Achim von Arnim-Bärwalde. Der Enkel von Bettine und Achim von Arnim war Maler, der Anbau diente ihm als Atelier. Diesem Achim von Arnim-Bärwalde verdankt der gesamte Gebäudekomplex, der zuvor seiner Funktion und seinem Aussehen nach ein vor allem landwirtschaftlich genutztes Gutshaus war, den heutigen schlossartigen Charakter.

Der 1848 geborene Achim von Arnim-Bärwalde studierte zunächst Jura, entschied sich aber bald für eine Künstlerlaufbahn und ein Malerei-Studium zunächst in Berlin, dann in München. Als 28-Jähriger übernahm er das Ländchen Bärwalde als Erbschaft und bezog Gut Wiepersdorf. Das bereits im 18. Jahrhundert als schlichtes Gutshaus erbaute Anwesen hatte als Bestandteil des Ländchens seit den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts dem Königlichen Preußischen Major von Einsiedel gehört, bevor es im Jahr 1780 in den Besitz der Familie von Arnim gelangte, nämlich von Joachim Erdmann von Arnim, dem Vater des Dichters. Der allerdings verpachtete die Güter und lebte größtenteils auf seinen Besitzungen in Zernikow, in der Nähe von Gerswalde und Boitzenburg, in der Uckermark. Der Dichter Achim von Arnim, der in Wiepersdorf zudem Landwirt war, fügte einen Wirtschaftshof hinzu. Nachdem der älteste Sohn von Bettine und Achim, der künstlerisch weniger ambitionierte Freimund von Arnim, die Güter erfolgreich bewirtschaftet hatte, trieb der Enkel des Dichterpaars die Umwandlung vom Guts- zum Herrenhaus mit der Anmutung eines Barockschlosses voran. Das Atelier, der ehemalige Arbeitsplatz des Malers, ist heute Teil des Museums von Schloss Wiepersdorf. Das Museum folgt einem Konzept, das Wiepersdorf als einen Ort der Romantik zeigt, aber auch die Geschichte des Hauses in den Jahren der DDR und der Wiedervereinigung beleuchtet. Es beherbergt, neben Exponaten zu Bettine und Achim von Arnim, auch Zeugnisse der DDR-Kultur und -Kulturpolitik sowie Werke der Malerin Bettina Encke von Arnim und Achim von Arnim-Bärwaldes. Fast allem, was Sie umgibt, hat der Maler seine Form gegeben. Begraben liegt Achim von Arnim-Bärwalde auf dem Familienfriedhof neben der Kirche.

Nun zu den fünf Callot-Figuren, die man vor dem Atelier bestaunen kann: Sie gehören zur Skulpturensammlung, die Achim von Arnim-Bärwalde anlegte. Diese spöttisch auch „barocke Gartenzwerge“ genannten Figuren – meist Bettler, Trinker, Musikanten – gehen auf eine Serie von Radierungen des französischen Zeichners und Radierers Jacques Callot aus dem Jahr 1616 zurück, die „Varie Figure Gobbi“: „verschiedene bucklige Figuren“. Den Stichen Callots dienten kleinwüchsige, deformierte Menschen als Vorbild, die an europäischen Höfen in die Rollen von Hofnarren gezwungen wurden. Die ein Jahrhundert nach Callots grotesken Bildvorlagen entstandenen Skulpturen wurden zum beliebten Accessoire zahlreicher Barockgärten. Sie faszinierten nicht nur Achim von Armin-Bärwalde, sondern beispielsweise auch E.T.A. Hoffmann, den Zeitgenossen und romantischen Schriftstellerkollegen Achim und Bettine von Arnims. Ausgehend von diesen Produkten einer grellen Fantasie, welche die Normabweichung, das Kreatürliche und die Nachtseiten der taghellen Vernunft in Szene setzt, schrieb Hoffmann sogar eine Erzählung mit dem Titel „Fantasiestücke in Callots Manier“. Mehr zum Schloss und seiner bewegten Baugeschichte, die dem Maler Achim von Arnim-Bärwalde so viel verdankt, erfahren Sie an der nächsten Station auf dem Weg Richtung Teich.